Frontalunterricht oder Partizipation?

Frontalunterricht oder Partizipation Spielundlern

Definition Frontalunterricht

Frontalunterricht beschreibt ein Setting, in dem Unterricht von einer einzelnen Lehrkraft gegenüber einer Gruppe Lernender dargelegt wird. Der Frontalunterricht umfasst dabei den Lehrervortrag oder den fragend-entwickelnden Unterricht. Letzterer wird auch als erarbeitender Unterricht bezeichnet und meint eine vom Lehrer durch Fragen und Darlegungen geleitete Wissensvermittlung.

Der lehrerzentrierte Frontalklassenunterricht ist bis heute die am häufigsten angewendete Unterrichtsform. Dessen ungeachtet ist der Frontalunterricht als Konzept meist negativ behaftet und wird häufig von vorneweg kritisiert oder sogar komplett abgelehnt.

Kritisches zum Frontalunterricht

Bereits wenige Jahre nach der ersten Erwähnung des Begriffs 1954 in einem Aufsatz wurde Frontalunterricht vorwiegend als Gegenpol für alternative Lernkonzepte verwendet. In einer Beschreibung ex negativo geriet der Frontalunterricht als Negativkonzept von reformpädagogischen didaktischen Modellen wie Kleingruppenarbeit, Freiarbeit oder Diskussionsrunden.

Das Konzept Frontalunterricht war behaftet mit dem Vorurteil der Massenabfertigung und Ignoranz gegenüber dem Individualismus des Lernenden.

Hinzu kam eine geschichtlich gesehen nachvollziehbare Anhaftung des Begriffs an antiquierte Lehrmethoden, die vor noch nicht langer Zeit in Verbund mit Strafen, Lehrergehorsam und Willkür standen. Das starke hierarchische Gefälle zwischen Lehrer und Schüler, das sture Auswendiglernen: Dies ist wohl Teil des Frontalunterrichts gewesen, ohne jedoch ein integraler Bestandteil dieses Konzeptes zu sein.  

Frontalunterricht oder Partizipation Spielundlern

Positives zum Frontalunterricht

In den letzten 20 Jahren mehren sich die Versuche, das Konzept des Frontalunterrichtes in der Fachliteratur gewissermaßen zu rehabilitieren. Und tatsächlich fruchteten zunehmend diese Bemühungen, dem Frontalunterricht eine andere, detailliertere Facette zuzugestehen. Mit objektivem Blick kann der Frontalunterricht in vielen Konzepten des offenen Unterrichtes wiederentdeckt werden. Als Beispiel sei hier das Konzept der Lerntheke genannt, bei dem einleitend der Frontalunterricht eine wertvolle Stelle einnimmt.

Auch in sehr modernen Zusammenhängen einer virtuellen Lernumgebung mittels Virtual Reality oder Augmented Reality ist der Frontalunterricht am Auftakt jeden Themas der Ankerpunkt, von dem aus sich die Schüler individuelle Lerninhalte erschließen.

Frontalunterricht kann dabei auf vielfältiger Weise den Unterricht begleiten. Durch ihn kann der Lehrer einen Allgemeinüberblick über ein Thema geben, alle Lernenden in Kürze auf einen Wissensstand bringen oder aber durch Fragen, einer Bildpräsentation oder Praxisübungen eine Brücke zur Freiarbeit bauen.  

Die Vielfalt des Frontalunterrichts

Wie vielfältig der Frontalunterricht ist, zeigen diese drei Misch-Formen eben dieses Konzeptes. Alle bewegen sich an der Schwelle zur Freiarbeit und entsprechen nicht einer lehrerzentrierten, starren Form.

  • Das Lehrgespräch: Der Lehrer gibt Denkanstöße, Impulse und liefert Material zum Thema. Die Schüler übernehmen, indem sie Lösungswege und Lösungen selbst erarbeiten. Der Lehrer ist dabei der Hinweisgeber und leitet die Gruppe, die Schüler handeln selbstbestimmt und entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten.
  • Der fragend-entwickelnde Unterricht: Der Vortrag des Lehrers wird begleitet durch Fragen an die Klasse, die sich an einzelne Schüler richten. Eine Gruppenarbeit innerhalb der Klasse, Diskussionen oder individuelle Lernwege werden damit zwar nicht gefördert, aber durch die Fragen eine gewisse Dynamik erlaubt.
  • Das sokratische Gespräch: Im Zentrum stehen hier Lehrerfragen, deren Beantwortung die Schüler zur Lösung führen sollen. Hier steht Mitarbeit im Fokus, wenngleich die Gefahr besteht, dass sich sozial- oder lernschwache Schüler kaum beteiligen oder zurückziehen.
Frontalunterricht oder Partizipation Spielundlern

Definition Partizipation

Partizipation ist ein Bestandteil des individualisierenden Unterrichts. Diese Unterrichtsform wird in offenen Unterrichtskonzepten praktiziert und spiegelt das Gegenteil zum klassischen Frontalunterricht wider.

Innerhalb der neueren Pädagogik, vor allem der Reformpädagogik, hat Partizipation einen festen und geschätzten Platz.

Partizipation als Konzept beinhaltet die Mitarbeit aller Schüler an Unterrichtsthemen. Die Einbeziehung aller Kinder erlaubt die Förderung der individuellen Stärken, ohne Stigmatisierung ihrer Schwächen.

Um die Einbeziehung aller Schüler zu ermöglichen, gehört zum Konzept der Partizipation eine Unterrichtsführung, die Einflussnahme, soziale Arbeitsformen wie Gruppenarbeit, individuelle Lösungsfindung und spielerische Ansätze favorisiert.

Positives zur Partizipation

Längst schon wird der Gedanke der Partizipation als allgemeingesellschaftlich unerlässliche Kernidee angesehen. Partizipation in Schulen und Kitas bedeutet Demokratie in ihren Anfängen.

Durch Partizipation sind die Schüler angehalten, eine eigene Meinung zu entwickeln und zu vertreten, über ihre Ideen zu diskutieren, Kompromissbereitschaft zu lernen und selbstwirksam innerhalb der Gruppe zu sein.

Partizipation setzt gleichberechtigten Umgang zwischen Lehrer und Schüler voraus. Die gleichberechtigte Kommunikation räumt den jungen Menschen Platz ein für Wünsche, Einwände, Entscheidungen und Veränderungen.

Innerhalb des Unterrichts entfaltet Partizipation die intrinsische Motivation, fördert die Neugierde auf ein Thema, unterstützt lernschwache Kinder, stärkt das Selbstvertrauen, erhöht die Selbstwirksamkeit und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen.

Partizipation im Unterricht vermindert Lerndruck und Wissensgefälle im Klassenverband, sodass auch Kinder mit Handicaps oder Lern-, Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche gut in ihren Schwächen gefördert und in ihrem Potenzial sichtbar werden können. Sie ist auch für inklusive Klassen sehr gut geeignet, wenn nicht gar Mittel der Wahl.

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Kritisches zur Partizipation

Gerade für junge Lehrer ist Partizipation im Unterricht eine Herausforderung. Aber auch erfahrene Lehrkräfte werden gefordert, sollten sie einmal als Vertretungskraft oder in neuen Klassen eingesetzt werden. Denn Partizipation heißt eben nicht, dass der Lehrer die Themenführung an die Schüler abgibt oder die Klasse den Lösungsweg komplett alleine bestimmt.

Im Gegenteil fordert das Konzept der Partizipation eine tadellose Vorarbeit des Lehrers. Dazu sollte dieser die Klasse kennen, die Dynamiken einschätzen können und gute methodische Kenntnisse haben, die spontane Variation ermöglichen. Er muss Konflikte voraussehen (beispielsweise bei der Gruppenbildung, wer mit wem?) und befrieden können (beispielsweise durch Losverfahren). Er sollte auch schwächere Schüler mit „ins Boot“ holen können, indem er der meist heterogenen Klasse Mittel zur Hand gibt, um das Wissensgefälle produktiv auszugleichen.

Eine Klasse erlebt sich nur dann als homogene, harmonische Gruppe, wenn die Lehrkraft im Hintergrund „die Fäden in der Hand“ hält.  

Die große Herausforderung des Modells der Partizipation mag der Grund sein, warum sie so wertgeschätzt wird und dessen ungeachtet noch immer so selten praktiziert.

Die Vielfalt von Partizipationsmöglichkeiten

Im Unterricht bedeutet Partizipation, dass die Schüler beispielsweise entscheiden können, welchen Fokus bestimmte Themen haben, welche Bücher gelesen oder welche Ausflüge gemacht werden. Auch kann zu Debatte stehen, mit welchen Methoden sie sich Themen annehmen wollen. Auf jeden Fall bedeutet Partizipation im Unterricht die Zusammenarbeit mit dem Lehrer, was seine dialogische Haltung, Offenheit und Neugierde seinen Schülern gegenüber voraussetzt.   

Partizipation kann nicht nur im Unterricht stattfinden. Bestenfalls wird sie erweitert ausgelebt als Partizipation im gesamten Schulalltag: Wie soll der Klassenraum aussehen? Wie sollen Feste gefeiert werden? In allen Belangen des Schulalltages ist das Ausleben des partizipativen Konzeptes wertvoll, gruppenbildend, identitätsstiftend und homogenisierend auch in stark heterogenen Gruppen.

Frontalunterricht oder Partizipation Spielundlern

Entweder – oder?

Muss ich als Lehrer endgültig Für oder Wider entscheiden? Nein. Es sind mehrere Faktoren, die darüber Auskunft geben, welche Unterrichtsform geeigneter ist.

Unbestritten ist Folgendes: Was keinesfalls mehr geht ist reiner Frontalunterricht als Wissens- und Machtgefälle zwischen Lehrertisch und Schülerpult.

Es spricht jedoch nichts dagegen – und ist auch Gang und Gäbe im Schulalltag – je nach Situation zwischen Frontalunterricht und Partizipation zu wechseln oder Mischformen zu versuchen.

Zum Einen hängt es vom Thema oder dem Fach zusammen, welches Vermittlungskonzept geeigneter ist. Zum Anderen ist es eine Frage der Persönlichkeit des Lehrenden. Nicht zuletzt entscheidet auch die Zusammensetzung der Klasse darüber, was gerade besser funktioniert.

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Bildquellen

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  • Pixabay @ falco

Quellen

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Frontalunterricht
  • https://www.kita.de/wissen/frontalunterricht
  • https://www.kindergartenpaedagogik.de/fachartikel/gruppenleitung-erzieherin-kind-beziehung-partizipation/mitbestimmung-der-kinder-partizipation/1087
  • https://www.verwaltung.steiermark.at/cms/dokumente/11954166_96197329/62821a41/Zusammenschau_K%C3%B6nnen%20Kinder%20mitbestimmen_1309.pdf
  • https://edoc.ub.uni-muenchen.de/2554/1/Grasy_Birgit.pdf

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