Der Barnum Effekt und seine Bedeutung für die Medienkompetenz von Schülern

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Definition Barnum Effekt

Der Barnum Effekt ist ein psychologisches Phänomen. Es bezeichnet die Tendenz der Menschen, vage, mehrdeutige oder interpretationsfähige Aussagen über die eigene Person als treffend aufzufassen, sodass sie folglich als individuell empfunden werden. Dabei arbeiten diese Aussage auf suggestive, manipulative oder emotionale Elemente der menschlichen Psyche hin, was die meisten Menschen dazu bewegt, sie mehr oder weniger als eigen zu empfinden.

Der Namensgeber

Die Bezeichnung bezieht sich auf den Namen des Zirkusdirektors Phineas T. Barnum, der Mitte des 19. Jahrhunderts mit seinem Kuriositätenkabinet und Zirkusvorführung die „für jeden“ perfekte Auswahl an Shows und Attraktion anzubieten behauptete. Das Ziel bestand darin, eine wohlüberlegte, nur augenscheinlich auf den individuellen Besucher ausgerichtete Show darzubieten.

Die Technik, den Menschen allgemeingültige Leistungen und Bedarfe individuell verpackt anzubieten, hat bis heute (und ständig zunehmend) Konjunktur, nicht zuletzt durch Social Meida, YouTube und andere Multiplikatoren, welche die Zuschauerschaft digital vernetzen. Wir treffen auf sie in Werbung, Vorhersagen, Horoskopen, politischen Überzeugungsreden sowie innerhalb der relativ neuen und exponentiell wachsenden Coaching- und „Speaker“-Szene.

Das Experiment zum Barnum Effekt

Dieses Effekt wird auch als Forer-Effekt bezeichnet, da es sich auf ein Experiment des Psychologen Bertram R. Forer stützt, der dieses Phänomen im Jahr 1948 genauer untersuchte.

Er bat seine Studenten, einen Persönlichkeitstest zu machen, und übergab ihnen anschließend die scheinbar darauf begründete Auswertung. Ein Großteil der Studenten empfand diese als sehr zutreffend bezüglich ihrer Charaktereigenschaften und bewertete sie daher mit mehr als 4 von 5 Punkten. Dabei hatte Forer – unabhängig von den Tests – die gleiche Auswertung an alle Studenten vergeben. Warum also konnten sich so viele derart genau darin wiederfinden?

Eigenschaften des Barnum Effektes

Der Barnum Effekt basiert auf die Barnum-Aussagen (Barnum-Statements), die sprachliche und psychologische „Kunstgriffe“ darstellen. Sie werden als individuell zutreffende Persönlichkeitsbeschreibungen aufgefasst.

Die Barnum-Aussagen beruhen auf folgende Funktionsweisen:

sie behaupten immer, individuell zutreffende Aussagen zu sein,
erwähnen Aspekte, die den meisten Menschen entsprechen,
sie arbeiten mit weit verbreiteten Ängsten („Sie sorgen sich sehr um Ihre Kinder oder Haustiere.“),
betonen Aspekte, die viele Menschen gerne für sich beanspruchen („In der Not ist auf Sie Verlass.“),
die Barnum-Aussagen sprechen von persönlichen Wünschen, die den meisten Menschen entsprechen (Wunsch nach Sicherheit, nach Liebe, nach Harmonie),
arbeiten mit Gegensätzen („Sie sind entspannt, aber bei Stress können sie auch unbeherrscht werden.“ oder auch „„In manchen Situationen fällt es Ihnen deutlich leichter zu reden als in anderen.“),
verwenden unscharf-allgemeine Formulierungen („Sie tendieren dazu, manchmal Arbeit liegen zu lassen“, „Häufig nehmen Sie sich zu viel vor.“),
frequentieren Sprichwörter und Allgemeinplätze, da sie sich nicht widerlegen lassen („Was Du heute kannst besorgen …“, „Jedes Ding hat zwei Seiten“)
betonen die Suggestion („Heute könnte eine größere Aufgabe auf Sie zukommen“)
arbeiten mit schwammigen Zeitangaben („In letzter Zeit haben Sie einen guten Freund oder Bekannten zurückgestellt oder zu wenig kontaktiert.“)

Erkenntnisse des Barnum Effektes

Dieser Effekt wird auch als psychologische Technik verwendet. Der Barnum-Effekt ist relativ leicht erlernbar, nicht zuletzt, weil sich stimmige und dem Barnum-Prinzip entsprechende Aussagen als Satzbausteine verwenden lassen. Dabei lassen sie sich in beliebiger Kombination und thematisch variabel anwenden.

Problematische Konsequenzen

Häufig bedienen sich unseriöse Lebensberater, Astrologiekundige und nicht zuletzt Wahrsager der Barnum-Aussagen – in vielen Fällen mit großem Erfolg. die Barnum-Aussagen bilden die Grundlage für das sogenannte Cold Reading, bei dem man den Gesprächspartner nur unspezifische, allgemein zutreffende Aussagen anbietet.

Cold Reading und die Barnum-Aussagen werden dazu auch in publikumswirksame Zaubershows genutzt.

Auch einige gängige und bekannte Persönlichkeitstests begründen ihre Stimmigkeit auf dem Barnum Effekt, beispielsweise der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI).

Natürlich führt dies zu auch schwerwiegenden Folgen wie beispielsweise Manipulation und Beeinflussung. Werner Stangl zeigt in einem Aufsatz die schädigende Verwendung der Barnum Technik und ihrer Gefahren, beispielsweise an der „Familienaufstellung“ nach Hellinger.

Problematisierung der Barnum-Methode im Unterricht

Es ist für Schüler der Oberschule sehr interessant, das Prinzip des Barnum-Effeks zu verstehen.

Lehrer könnten im Unterricht ohne große Umstände den Test von B.R. Forer durchführen und anschließend mit den Schülern auflösen. Die Auswertung führt

zum Interesse an manipulativen Phänomenen,
der Neugierde bezüglich Beeinflussungsmöglichkeiten,
zusätzlich jedoch auch zur Achtsamkeit gegenüber medial übermittelter Fakten.

Ein Gespräch zu den Wirkprinzipien des Barnum-Effektes könnte im Unterricht ein wertvoller Bestandteil der Medienerziehung darstellen.

Lehren und Schlussfolgerungen des Barnum-Effektes für Schüler

Der Barnum-Effekt zeigt auf, wie fehleranfällig unser Urteil ist – auch über uns selbst, unseren Charaktereigenschaften und unseren Grundzügen.

Es ergibt sich daraus die Erkenntnis, dass ein kritischer Umgang mit Aussagen aus Zeitungen, digitalen Medien sowie Beratern und Coaches sinnvoll ist.

Kritisches Hinterfragen setzt jedoch voraus, dass die Regeln der Logik und Wissenschaftlichkeit bekannt sein müssen und darüberhinaus der Umgang damit den Schülern vertraut ist.