Basale Aktionsgeschichten: Aktivierung in Sonderpädagogik, Altenpflege, Inklusion

Was sind basale Aktionsgeschichten?

Basale Aktionsgeschichten, auch BAG abgekürzt, werden im englischen Sprachraum auch als Multisensory Storytelling bezeichnet. Sie sind Kern eines förderpädagogischen Konzeptes, dessen Ziel es ist, geistig beeinträchtigten Menschen sowie Schülern mit intensivem Förderbedarf basale Erfahrungen zu vermitteln, auf denen Bildungsinhalte aufbauen können.

Definition

Basale Aktionsgeschichten sind sensorisch wie sprachlich immersive Vorlese- und Mitmachgeschichten.

Das Wort immersiv leitet sich von „Immersion“ ab, was soviel heißt wie Einbetten oder Eintauchen. Die basalen Aktionsgeschichten sind insoweit immersiv, als dass sie dazu verhelfen sollen, auf einer solche tiefen Ebene in einer fiktionalen Geschichte einzutauchen, als wäre sie die Realität. Dies erlaubt unmittelbares multisensorisches Erleben.

Angewandt werden sie vorwiegend in der Arbeit mit Menschen, die schwer körperlich oder geistig beeinträchtigt sind. Sie kommen besonders bei Menschen zum Einsatz, deren Kommunikationsformen eingeschränkt sind. Die Einsatzorte sind demnach

  • im intensivpädagogischen Förderbereich,
  • in der Pflege dementer Menschen oder auch
  • allgemein in der Seniorenarbeit sowie
  • im Inklusionsunterricht und
  • in heterogenen Schulklassen.

Formale Mittel

Basale Aktionsgeschichten sind formal knappe, schriftlich verfasste Erzählungen, die von den Fachpersonen oder Übungsleitern mündlich vorgetragen werden. Elementar sind dabei genaue Anleitungen zu begleitenden Handlungen, akustischen und taktilen Reizen, die zur Aktivierung der Sinne beitragen sollen. Die Erzählungen werden sehr langsam und ohne Zeitdruck vorgetragen und gleichzeitig die Anleitungen zur sensorischen Aktivierung befolgt.

Basale Aktionsgeschichten wurden von dem Professor für Allgemeine Sonderpädagogik Andreas D. Fröhlich im Rahmen seines Konzeptes der basalen Stimulation entworfen.

Aufbau von basalen Aktionsgeschichten

Basale Aktionsgeschichten sind kurz und klar strukturiert. Sie kombinieren eine kurze Handlung mit Bewegungen, akustischen Signalen, Musik, Requisiten und taktilen Reizen. Dabei folgen sie einem pyramidalen Aufbau, bei dem die Inhalte aufeinander aufstocken. Den Ausgang macht eine wahrnehmungsorientierte, sensorisch vermittelte Ebene, die direkt und basal erlebt wird. Diese bietet erzählerisch, taktil und akustisch multisensorische Erfahrungen. Darauf baut sich anschließend die Ebene der aktiven kognitiven Auseinandersetzung.

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Zielsetzung

Diese besondere Form des Storytellings ermöglicht es behinderten Menschen, emotionale und Körpererfahrungen zu machen, die ihnen durch ihre Einschränkungen teilweise oder gänzlich verwehrt wären. Durch die multidimensionalen Sinneseindrücke wird die Welt als Ganzes erlebt und erfahren.

Basale Aktionsgeschichten kombinieren wahrnehmungsorientierte Förderung mit kommunikationsorientierter Förderung und ermöglichen damit die Vermittlung komplexer Bildungsinhalte.

Es gibt darüber hinaus basale Aktionsgeschichten zur Leseförderung für Kinder und Jugendliche mit intensivem Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung im Sinne des erweiterten Lesebegriffs.

Somit ebnen basale Aktionsgeschichten den Weg zur kulturellen Teilhabe.

Beispiele für basale Aktionsgeschichten

Basale Aktionsgeschichten sind immer alltags- und lebensnah. Sie sprechen bekannte, alltägliche Situationen an: die vier Elemente, Ausflüge oder die Jahreszeiten. Es gibt aber auch Aktionsgeschichten zu solchen lebenspraktischen Dingen wie Mülltrennung, Waschtag, Aufräumen.

Die vier Elemente

Basale Aktionsgeschichten über Wasser, Luft, Erde und Feuer sollten vergegenwärtigen, wie sich die Elemente anfühlen und welche Emotionen sie auslösen. Beispielsweise kann es darum gehen, wie sich Regentropfen oder ein Wasserstahl auf der Haut anfühlen oder wie eine Brise über die Wangen streicht.

Ausflüge

Aktionsgeschichten bieten Erfahrungen an, die beeinträchtigte Menschen häufig nicht voll erleben können. Ein Zoobesuch oder ein Waldspaziergang werden anhand der Sinne erlebt. Wie klingen die jeweiligen Tiere, auf welcher Weise spüren unsere Fingerkuppen ihr Fell, wenn man es berührt, wie riechen die Tiere. Welche Geräusche machen die Schritte auf dem Waldboden, wie knacken Äste, welche taktilen Reize spüren wir an unserer Hand, wenn wir einen Zweig oder Tannenzapfen fühlen, wie ruft der Kuckuck oder klopft der Specht.

Aber auch Reisen in ferne Länder können durch klimatische Bedingungen, die nachgeahmt werden können, durch würzige Gerichte, das Schmecken scharfer oder süßer Gewürze oder das Atmen fremdländischer Gerüche von Pflanzen imitiert und sensorisch näher gebracht werden können.

Lebenspraktische Angelegenheiten

Ganz alltägliche Dinge können wunderbar mit sensorischen Signalen erlebt werden. Wie fühlt sich Wasser auf dem Körper an, wie ein Waschschwamm? Auf welcher Weise knistert Schaum? Wie fühlen sich Materialien an: Kunststoff, Metall, Papier? Klingen sie hohl oder laut, rascheln, oder quietschen sie? Wie fühlt man eine Waschmaschine und wäscht damit und wie bestellt man in einer Eisdiele?

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Drei basale Aktionsgeschichten zur direkten Anwendung

Die basale Aktionsgeschichte sollte gut vorbereitet werden. Sorgsam ausgesuchte, und sanft dargebotene taktile Reize, olfaktorische sowie akustische Reize sind elementar für die Entfaltung der multidimensionalen Wirkung.

Die folgenden drei Geschichten teilen sich auf in einer Vorbereitungsanleitung und der eigentlichen, sanft und langsam vorzutragenden oder auf Datenträger abzuspielenden Geschichte.

Die Blumenwiese

Vorweg sollten entsprechende Vorbereitungen getroffen und Requisiten griffbereit hingestellt werden. Ein Stück echten Rasen oder Moos aus einem Beet ausstechen und es in einer niedrigen Wasserschale aufstellen. Zwei bis drei Duft-Öle mit stark unterschiedlichen, blumigen, kräftigen Düften sollten bereitliegen, ebenfalls entsprechend viele Duftzerstäuber oder Aromavernebler. Diese Geräte zur Verwendung von Duft-Ölen funktionieren elektrisch oder mittels der Hitze einer Teekerze. Sie sondern in kurzer Zeit und gut dosiert Duft in den Raum. Eine akustische Datei mit dem Summen von Bienen sollte bereit liegen, sowie ein Fächer oder eine große A4-Zeitschrift zum sanften Zufächern von Luft.

Die Öle werden aktiviert und der Teilnehmer zum Rasen- oder Moosstück geführt.

„Du stehst auf einer Wiese. Der Duft von Blumen steigt Dir in die Nase. Atme tief ein und atme tief aus. Die Bienen summen. Es weht ein milder Wildhauch, du spürst ihn auf deiner Haut. Der Windhauch erfrisch dich.“

Der Regentag

Vorbereitend benötigt man hier einen kleinen Eimer mit Wasser, um Wassertropfen zu imitieren. Ein gefließter Raum oder eine Wiese an der freien Luft sind gute Orte, um einen Regen zu inszenieren. Das Wasser sollte kühl sein, damit der taktile Reiz an der Hautoberfläche gut spürbar wird. Der Teilnehmer darf, soweit machbar, in der Hand einen Regenschirm über den Kopf halten. Starker Regen wird über eine Akustikdatei abgespielt. Den starken Wind kann ein Ventilator gut imitieren. Ein weiches, warmes Tuch und das warme Gebläse eines Föns machen die Sonnenstrahlen nach dem Regen fühlbar.

„Es beginnt zu tröpfeln. Du spürst feine Wassertropfen auf der Haut. Ein stärkerer Regen setzt ein, und sie können das Prasseln auf einem Regenschirm hören. Schließlich klart es auf. Die Sonne scheint und streichelt deine Haut.“

Der Spaziergang am Meer

Die taktilen Reize werden in diesem Fall natürlich vorwiegend durch feinen Sand an den Füßen ausgelöst, akustisch sind die Wellen und Möwen im Vordergrund. Die Brise wird zugefächert. Der Vorbereitende sollte einen niedrigen Kasten oder Schale mit Sand und Muscheln hinstellen, deren Maße die Fußgröße der teilnehmenden Menschen um mindestens 10 Zentimeter an allen Seiten überstehen. Es ist gut, auch für die Hände eine große Sandschale vorzubereiten, in denen die Teilnehmer Muscheln und Steine anfassen und Sand durch ihre Finger rieseln lassen können. Eine Hördatei spielt Wellengeräusche wieder und Luft wird zugefächert.

„Du sitzt am Strand. Die Wellen rauschen. Die Möwen kreischen. Es ist windig, aber warm. Du spielt mit der Hand im Sand. Du spürst mit deinen Füßen und Händen Muscheln und Steine.“

Bildquellen

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  • Pexels @ Min An

Quellen

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Basale_Aktionsgeschichte
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_D._Fr%C3%B6hlich
  • https://bvkm.de/mitmachen/topics/basale-aktionsgeschichten/
  • https://basale-stimulation.de/
  • https://www.lwl.org/230-download/pspb/pdf/HandreichungBasalesTheater.pdf
  • https://mal-alt-werden.de/anna-auf-dem-weg-zum-strand-eine-entspannungsgeschichte-fuer-den-sommer/
  • https://www.paul-meyle-schule.de/uploads/pdf_externer%20bereich/Corona%20Material%20zuhause/Basale%20Aktionsgeschichte.pdf
  • https://verlagvonloeper.ariadne.de/media/pdf/15/66/ee/Gratisdownload-Basale-Aktionsgeschichte.pdf
  • https://www.wikiwand.com/de/Basale_Aktionsgeschichte

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