Quereinstieg als Lehrer oder Lehrerin: ein Konzept gegen den Lehrkräftemangel

2018 ging aus einer Studie der Bertelsmannstiftung hervor, dass im Jahr 2025 in Deutschland allein an den Grundschulen 35000 Lehrkräfte fehlen würden. Die Kultusministerkonferenz ging zuvor von einer wesentlich kleineren Zahl aus und musste reagieren. Schnell wurde festgestellt, dass dem drohenden Defizit nur durch Maßnahmen auf mehreren Ebenen entgegenzuwirken ist.

Es fehlen immer mehr Lehrkräfte – was tun?

Hauptanliegen ist die ausreichende Ausbildung von Nachwuchs. Weil der Mangel vor allem an den Grundschulen – und dort logischerweise auch zuerst – eintreten wird, müssen mehr junge Menschen dazu gebracht werden, den Grundschullehrberuf zu ergreifen. Das wird allerdings nicht billig: Als motivierende Faktoren spielen Aspekte wie Bezahlung, Altersversorgung und Kündigungssicherheit eine erhebliche Rolle. Um die erhöhte Zahl an Studierenden aufnehmen zu können, müssen außerdem die Kapazitäten der Universitäten erhöht werden. Auch die Idee, das Gehalt von Grundschullehrern an das von Gymnasiallehrern anzugleichen, steht im Raum und würde Mehrkosten verursachen.

Selbst wenn tatsächlich genug Geld in diese Maßnahmen fließt, wird es höchstwahrscheinlich zu einem Engpass kommen. Das Lehramtsstudium ist nämlich ziemlich lang. Der größte Teil derer, die sich jetzt dazu entschließen, werden 2025 ihr Studium noch nicht und das Referendariat schon gar nicht beendet haben.

Viele Fragezeichen bei schon vorhandenen Lehrkräften

Die Lage ist ernst. Die Gesamtstrategie beinhaltet zwar noch weitere Komponenten. Doch bei einigen davon ist viel Unsicherheit im Spiel. Zum Beispiel machen in den Grundschulen Frauen die deutliche Mehrheit der Lehrkräfte aus. Viele arbeiten in Teilzeit, sehr oft weil sie selber Kinder haben, um die sie sich kümmern müssen. Zwar könnte ein besseres Betreuungsangebot die Lehrerinnen dazu bewegen, mehr zu arbeiten. Doch lässt sich nicht verlässlich prognostizieren, wie viele letzten Endes wirklich ihre Stundenzahl erhöhen würden. Dieser Mangel an Vorhersehbarkeit herrscht auch in Bezug auf ältere Lehrkräfte, die man durch vorteilhafte finanzielle Bedingungen dazu bringen möchte, ihren Ruhestand hinauszuschieben.

Hoffnung ruht auf Quereinstieg in den Lehrer/innenberuf

Deshalb ist der Ansatz, über den Quereinstieg Lehrer und Lehrerinnen zu gewinnen, eine so wichtige Säule der Gesamtstrategie. Er soll erheblich erleichtert und gefördert werden. Allerdings bestehen auch Befürchtungen, dass es dabei zu Einbußen in der fachlichen und pädagogischen Qualität des Unterrichts kommen könnte.

Definitiv wird es ein Gratwanderung werden, für sowohl mehr Personal in kurzer Zeit als auch guten Unterricht zu sorgen. Aber es scheint keine Alternative dazu zu geben: Über den Quereinstieg neue Lehrer und Lehrerinnen zu rekrutieren, ist unverzichtbarer Teil des Maßnahmenkatalogs.

Versäumnisse der Politik

Bildungspolitik ist Ländersache. Da der wachsende Lehrkräftemangel aber ganz Deutschland betrifft, ist davon auszugehen, dass überall ähnliche Fehler begangen wurden. Die Kultusministerkonferenz (in welcher ja alle Bundesländer vertreten sind) orientierte sich bis zur Kenntnisnahme der Bertelsmannstudie an einer Schätzung aus dem Jahr 2013. Anschließend wurden offenbar von niemandem mehr ein Gedanke daran verschwendet, ob die Zahlen tatsächlich Bestand haben würden. Der Geburtenanstieg seit 2011 wurde verschlafen, und in der Folge zu wenig Lehrpersonal ausgebildet.

Zudem reicht, sogar gemessen an der veralteten Schätzung, das Ausbildungsvolumen neuer Lehrkräfte kaum aus. Man hoffte, mit möglichst wenigen Lehrkräften auszukommen, weil man sparen wollte und eventuelle Überkapazitäten fürchtete, die zu Lehrerarbeitslosigkeit hätten führen können.

In der Realität der Schulwelt jedoch kommt es immer wieder zu unvorhergesehenen Engpässen, wenn etwa mehr Lehrerinnen eines Kollegiums schwanger werden oder mehr Lehrkräfte krank sind oder sich in Frühpension begeben als erwartet. In der Konsequenz ist es im Schulalltag trauriger Standard, dass es immer wieder zu Überlastungen der Lehrkräfte und zu Unterrichtsausfällen kommt.

Mangelnde Wertschätzung der Bildung

Dies offenbart ein generelles Haltungsproblem in Politik und Gesellschaft. Es geht nämlich um die Wertschätzung der Bildung und ihrer Qualität. Gute Schulbildung ist nicht umsonst zu haben. Anstatt ans Sparen zu denken, hätte man durchgehend viel ausbilden und auch bei Überschuss einstellen können. In guten Zeiten gäbe es dann eine Doppelbesetzung in Klassen, was generell pädagogisch sinnvoll ist und in zahlreichen Klassen sogar dringend nötig wäre. Für schlechtere Zeiten und Engpässe wäre dann ausreichend Personal vorhanden, um allen Klassen pro Unterrichtsstunde zumindest eine Lehrkraft zur Verfügung zu stellen.

Über den Quereinstieg Lehrer/in werden: beste Aussichten

Aufgrund der geschilderten Situation bietet der Quereinstieg in den Lehrer/Lehrerinnenberuf eine Jobgarantie, vorausgesetzt, es besteht die richtige Kombination aus Fächern und anvisierter Schulart.

So gut wie alle Grund-, Haupt-, Real- und Berufsschulen suchen händeringend Lehrkräfte, und das in allen Bundesländern. Wo dies noch nicht der Fall sein sollte, wird es bald dazu kommen. Auf Gymnasien hingegen trifft das vorerst nicht zu. Deswegen wird auch versucht, ausgebildete Gymnasiallehrkräfte zum Umstieg zu bewegen.

Wer Mathematik studiert hat, ist gefragt

Grundsätzlich exzellente Chancen hat, wer die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) unterrichten kann. Überdies besteht in den meisten Bundesländern und an den meisten Schulen Nachfrage nach Lehrkräften für Religion, Musik, Sport, Kunst, Englisch und Deutsch. Dabei reicht es fast immer, wenn nur eines der beiden Fächer, die unterrichtet werden können, ein solches Mangelfach ist. In diesem wird die jeweilige Lehrkraft dann allerdings auch überwiegend eingesetzt werden, im anderen dagegen kaum oder gar nicht.

Voraussetzungen für den Quereinstieg ins Lehramt

Die Bedingungen für den Quereinstieg ins Lehramt erschließen sich am besten im Vergleich zum herkömmlichen Ausbildungsweg. Die übliche Lehramtsausbildung besteht in einem Vor- und Hauptstudium (Bachelor/Master), welches mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen wird. Darauf folgt ein Vorbereitungsdienst von bis zu zwei Jahren, der gemeinhin als Referendariat bezeichnet und in welchem die didaktische Praxis an der Schule geübt wird. Der endgültige Abschluss erfolgt danach in Form des 2. Staatsexamens.

  • Seiteneinstieg ins Lehramt

Man muss zwischen Seiteneinstieg und Quereinstieg in den Lehrer/-innenberuf unterscheiden. Der Seiteneinstieg kann schneller vollzogen werden. Voraussetzung ist ein nicht lehramtsbezogenes abgeschlossenes Studium an einer Universität oder Fachhochschule. Nach positiv beschiedenem Antrag folgt für Seiteneinsteiger/-innen anstelle eines Referendariats eine pädagogische Einführung. Diese bezieht sich auf ein Fach,  dauert ein Jahr lang und kann auch berufsbegleitend durchlaufen werden. Das 2. Staatsexamen entfällt.

Eine Stelle kann also recht schnell angetreten werden. Damit sind allerdings Nachteile verbunden. Zum Beispiel kommt eine Verbeamtung nicht in Frage. Auch gibt es Bundesländer, die keine Seiteneinsteiger einstellen, beziehungsweise sie nur an bestimmten Schulen einsetzen. Ein weiteres Manko ist, dass Seiteneinsteigern oft nur eine Aushilfsfunktion zukommt. Sie werden zwar festangestellt, werden aber ohne nennenswertes Mitspracherecht dort eingesetzt, wo es am nötigsten ist.

  • Quereinstieg ins Lehramt

Grundbedingung zum Quereinstieg für Lehrer/-innen in spe ist ein nicht lehramtsbezogenes abgeschlossenes Studium in einem Fach, für das hoher Bedarf besteht. Zusätzlich ist Kompetenz in einem zweiten Fach erforderlich, die aber weniger fundiert sein darf. Ein beendetes Bachelorstudium zum Beispiel wäre ausreichend. Die Erfüllung dieser Bedingung ersetzt den üblichen ersten langen Teil der Lehramtsausbildung. Das 1. Staatsexamen einschließlich der damit verbundenen Prüfungen entfällt natürlich ebenso.

Wer den Quereinstieg zum Lehrer vollziehen möchte, muss aber das Referendariat und das 2. Staatsexamen hinter sich bringen. Wer das geschafft hat, ist vollwertige Lehrkraft und kann sich auch verbeamten lassen. Dafür besteht allerdings eine Altersgrenze, die ca. bei 40 bis 45 Jahren liegt. Jenseits dieses Alters kann man also nicht mehr in den Staatsdienst übernommen werden.

Hier gilt, wie auch generell: Die genauen Bedingungen für eine Zulassung zum Seiten- oder Quereinstieg ins Lehramt, sowie der Horizont der anschließenden Möglichkeiten unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, weil sie auf Landesebene festgelegt werden.

Quereinstieg in den Lehrer/innenberuf nicht für jeden ratsam

Alle Interessierten sollten sich ehrlich mit der Frage auseinandersetzen, ob sie für diesen Beruf geeignet sind. Wer über den Seiten- oder Quereinstieg Lehrer oder Lehrerin werden möchte, muss etwas mit Kindern und Jugendlichen anfangen können, Geduld, Teamfähigkeit und Stresstoleranz mitbringen. Es ist möglich, sich diesbezüglich über ein Schulpraktikum oder eine Hospitation besser einschätzen zu lernen.

Nicht jeder verfügt über ein wünschenswertes Maß an natürlicher Autorität. Wenn Lehrkräfte ihre Klassen nicht in den Griff bekommen, kann das zu einem quälenden Kampf ausarten, für den auch die vielen Vorteile des Berufs vermutlich nicht genug Entschädigung darstellen.

Der Umgang mit Kindern sollte Freude bereiten

Wissen und Fähigkeiten mit Freude und Motivation zu vermitteln ist eine sehr wichtige Eigenschaft, wenn man diesen Beruf ausüben möchte – natürlich zum Wohle der Schüler und Schülerinnen, aber auch für die Lehrkraft selbst. Wer aus Erfolgserlebnissen keine Kraft und neue Motivation schöpfen kann, wird den Lehrberuf vermutlich als undankbar und zu anstrengend empfinden.

Hohe Arbeitsbelastung zu Beginn

Wenn man vorhat, über den Seiten- oder Quereinstieg Lehrer/-in zu werden, muss man sich darüber im Klaren sein, dass vor allem die Anfangszeit mit einem hohen Arbeitspensum verbunden ist. Das gilt natürlich besonders, wenn eine pädagogische Ausbildung berufsbegleitend stattfindet. Ohne Übung sind Unterrichtsvorbereitung, Klausurkonzeption und -korrektur sehr zeitaufwendig. Vielen ist auch nicht bewusst, dass über den Unterricht hinaus weitere Pflichten wie Elternabende und Sitzungen warten. Nachdem der Quereinstieg zum Lehrer formell vollzogen ist, könnte es also sinnvoll sein, den Einstieg ins Arbeitsleben nicht mit der maximalen Stundenzahl zu beginnen.

Quereinstieg ins Lehramt: extrem lohnenswert, wenn es passt

Lehrkräften mit den richtigen Voraussetzungen wird geradezu ein roter Teppich ausgerollt. Dies ist nicht nur hinsichtlich der Aussichten gut, sondern sorgt auch für das angenehme Gefühl, wirklich gebraucht und gewollt zu werden. Zudem eröffnet sich dadurch die Möglichkeit zu mehr Mitspracherecht beziehungsweise Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Wochenstundenzahl und des Einsatzortes. Eine eventuelle Verbeamtung hat selbstverständlich enorme Vorteile, und generell beziehen Lehrer/-innen kein schlechtes Gehalt. Für diejenigen, denen die Arbeit mit Kindern liegt und die ein gewisses Talent mitbringen, ist das Unterrichten an einer Schule ein sehr schöner Beruf, der viel zurück gibt.

Weitere Fragen?

Wer sich für den Seiten- oder Quereinstieg in den Lehrer/innenberuf interessiert, wird dazu viele Informationen im Internet finden. Letzten Endes sind aber die Kultusministerien der Bundesländer die Anlaufstellen für Fragen, bei denen es um Details geht. Dort erhält man Informationsbroschüren und erfährt die Details zu den Voraussetzungen und alles Notwendige zum Bewerbungsablauf.

Quellen:

  • https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2018/januar/lehrermangel-in-grundschulen-verschaerft-sich
  • https://karriere.unicum.de/berufsorientierung/berufsbilder/quereinsteiger-lehrerhttps://studieren.de/quereinsteiger-ins-lehramt.0.html
  • https://www.bildungsserver.de/Stellenangebote-fuer-Lehrerinnen-und-Lehrer-845-de.html

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