Wie könnte die Schule von morgen aussehen?

Die Frage, wie Schule in der Zukunft mehrheitlich funktionieren wird, kann nur hypothetisch beantwortet werden. Zunächst einmal gibt es „die“ eine Schule überhaupt nicht. Selbst innerhalb Deutschlands setzen sich verschiedene Schulformen voneinander ab. Darin steckt aber auch ein Vorteil, denn so kann an verschiedenen Orten ausprobiert werden, was gut funktioniert. Natürlich lohnt es sich in der Konsequenz, einen Blick überall dorthin zu werfen, wo sich eine bestimmte Art des Unterrichtens als besonders erfolgreich erwiesen hat. Dabei fällt auf, dass die Empirie fast immer und überall die Wissenschaft bestätigt, zumindest wo sich diese auf dem neuesten Stand befindet. Praxis und Theorie befruchten einander auf äußerst konstruktive Weise – wenn man es zulässt oder besser noch: genau dieses Zusammenspiel fördert. In der Pädagogik, Kognitionsforschung und Psychologie ist man also so weit, ziemlich verlässliche Empfehlungen aussprechen zu können. Aber an wen? An die Politik? Diese ist nur das Spiegelbild der Gesellschaft. Wir alle sind diejenigen, die sich angesprochen fühlen müssen. Schließlich gilt es, richtungsweisende Fragen zu klären. Zu oberflächlich wäre es zum Beispiel, die Schule von morgen lediglich an der technischen Ausstattung zu messen. Die Verwendung digitaler Technik im Unterricht ist nur so viel wert wie das Konzept, in das sie eingebettet ist. Wird nur die Schiefertafel durch einen Screen, das Schreibheft durch ein Tablet ersetzt, und sind die Lehrkräfte nicht entsprechend befähigt, hat man im Grunde nur Geld zum Fenster hinausgeworfen. Was es braucht sind gute Ideen, die das Ganze im Blick behalten und klug umgesetzt werden.

Die Schule von morgen braucht Wertschätzung

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist die Digitalisierung an Schulen in aller Munde. Die großen Probleme bei der Umsetzung des „Homeschooling“ offenbarten Versäumnisse, die kaum anders als mangelnde Wertschätzung der Schulbildung in Deutschland gedeutet werden können. Erst kurz zuvor, und damit auch schon reichlich spät, waren die im Rahmen des Digitalpakts bewilligten Gelder freigegeben worden. Dass sie aber nur zögerlich abgerufen wurden, zeigt die allgemeine Schwerfälligkeit in diesem Bereich auf. Die ist nicht neu, sie wurde nur endlich sichtbar. Wäre der Gesellschaft eine erstklassige Schulbildung schon immer wichtig gewesen, hätte sie diesem Problem schon weit früher die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Das wiederum hätte die politischen Akteure unter den Druck gesetzt, bessere Arbeit zu leisten. Eine gute Ausstattung der Schulen hätte man dann als selbstverständlich betrachtet und sich den eigentlich wichtigen Fragen zuwenden können: Was soll Schule in der Zukunft bewirken? Was soll die Schule von morgen der Gesellschaft bringen? Was macht guten Unterricht aus?

Die Schule kann Kompetenzen vermitteln, die heute dringend gebraucht werden.

Die Gesellschaft, nicht nur die Politik, muss sich darüber einigen, was vorrangig vermittelt werden soll. Damit solche Fragen in der Öffentlichkeit lebhaft besprochen werden, muss die Wertschätzung der Schule und dessen, was dort geleistet werden kann, steigen. Denn mit der Wertschätzung kommt auch die Aufmerksamkeit. Wenn endlich der gesellschaftliche und politische Wille existiert, steht die Wissenschaft schon lange bereit. Sie kann mit wertvollen Erkenntnissen aufwarten. Zum Beispiel bezüglich der Frage, in welchen Grenzen und bei welcher Anwendungsweise digitale Medien zu größerem Lernerfolg beitragen können.

Ist die Digitalisierung der goldene Weg zur Schule von morgen?

Technische Ausstattung alleine sichert nicht die Unterrichtsqualität. Aber eine solide funktionierende Infrastruktur – also: Internet und Intranet, Endgeräte in ausreichender Zahl, regelmäßige Wartung und Modernisierung, gute Lern- und Vernetzungsprogramme etc. – ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Schule von morgen unter anderem die Stärken der KI (künstlichen Intelligenz) zunutze machen kann. Diese ist beispielsweise in der Lage, sehr früh individuelle Abweichungen bei der Lernleistung festzustellen. So wird zeitig der Bedarf einer Förderung erkannt, die auch besonders gut individuell ausgerichtet werden kann. Das geschieht auch schon im regulären Unterricht. Wenn Kinder Aufgaben lösen, die von Lernprogrammen gestellt werden, wird der Schwierigkeitsgrad individuell angepasst. Das bewirkt, dass jedes Kind in seinem eigenen Tempo lernen kann. Während Kinder Frust erfahren, wenn sie hinter den anderen hinterherhinken, oder gelangweilt sind, wenn sie auf den Rest der Klasse warten müssen, verhilft ihnen das Programm zu Erfolgserlebnissen. Denn der Schwierigkeitsgrad erhöht sich immer erst, nachdem der Stoff begriffen wurde. Dies sorgt auch dafür, dass das Fundament der Fähigkeiten, auf die immer weiter aufgebaut wird, solide ist.

Kinder sollten auch an digitalen Geräten gemeinsam lernen.

Guter digitaler Unterricht ist keineswegs von menschlicher Interaktion losgelöst. Denn wenn ein Kind einmal nicht weiterkommt, kann ein anderes Kind helfen – was häufig sehr gut funktioniert – oder die Lehrkraft leistet Hilfe. Dadurch können sich Lehrerinnen und Lehrer intensiver den einzelnen Schülerinnen und Schülern und ihren Fragen widmen. Die Lehrkraft muss sich weniger auf reine Wissensvermittlung konzentrieren und hat mehr Gelegenheit, Stärken und Schwächen der Kinder zu entdecken und darauf einzugehen. In der Schule von morgen wird es deutlich weniger Frontalunterricht geben als heute – irgendwann vielleicht gar keinen mehr.

Estland macht’s vor

So wird es schon seit langem in Estland gemacht. Dieses kleine Land ist absolute Spitze im PISA-Ranking, also dem internationalen Leistungsvergleich unter 15jährigen, der alle drei Jahre durchgeführt wird. Die Digitalisierung wurde dort schon sehr früh vollzogen, aber eben auch – wie sich jetzt zeigt – smart eingesetzt. Estland gibt damit ein gutes Beispiel ab, wie die Möglichkeiten, die durch digitale Technik entstehen, eine wichtige Rolle in einem klugen Gesamtkonzept spielen können. Und zwar, ohne dass Geld mit der Heugabel verteilt worden wäre. Kaum zu glauben, aber Estland investiert einen deutlich geringeren Anteil seines Bruttoinlandprodukts in die Schulbildung als der Rest der EU im Schnitt – und ist dennoch so erfolgreich. Selbstverständlich haben auch andere Aspekte des dortigen Schulkonzepts erheblich dazu beigetragen, aber es erscheint plausibel, dass die gelungene Digitalisierung in Estland dem Bildungserfolg sehr zuträglich war. Ein wichtiger Aspekt dabei ist auch, dass sie die Kommunikation zwischen Schule und Familien vereinfacht. Sowohl die Eltern als auch die Schulkinder bekommen ein sehr direktes Feedback, beispielsweise bei einem Leistungseinbruch oder sozialen Problemen. Dann kommt zum Tragen, dass das Nutzen digitaler Möglichkeiten in ein umfassenderes Konzept eingebettet ist. Denn nun steht die Schule in der Pflicht, dem Kind Hilfestellung zu leisten, zum Beispiel durch Kursangebote, damit es aus der Krise wieder heraus finden kann. Gegebenenfalls kommt auch eine sozialpädagogische Betreuung zum Einsatz.

In Estland bringt digitale Technik also die Vorteile der KI ins Spiel, lässt eine neue Unterrichtsgestaltung zu, schafft einen riesigen Fundus an Unterrichtsmaterialien (Software, Internet, Lehrvideos) und dient der Vernetzung. Und wider Erwarten werden digitale Geräte im Klassenzimmer nicht exzessiv eingesetzt, sondern nur da, wo sie sinnvoll sind. Wenn ihre Verwendung nicht gefragt ist, werden sie weggeräumt, damit die Schülerinnen und Schüler nicht abgelenkt werden. Vielleicht sieht die Schule von morgen in Deutschland ähnlich aus wie heute in Estland. Man könnte sich ganz sicher Schlimmeres vorstellen.

Hat Singapur bereits die Schule von morgen?

Auch Singapur ist in puncto Schulbildung ein äußerst erfolgreiches Land. Der Stadtstaat hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einem sehr armen zu einem der wohlhabendsten und fortschrittlichsten Länder der Erde entwickelt. Die Kinder dort liegen bei den Naturwissenschaften, der Mathematik und der Lesefähigkeit gegenüber den meisten anderen Staaten weit vorne, teilweise mit einem Vorsprung von 2 Schuljahren! Singapur ist keine Demokratie. Kritisches Denken steht also nicht unbedingt hoch im Kurs. Dennoch wurde mangelnde Mündigkeit als Problem erkannt, das sich wirtschaftlich negativ auswirken kann. Die Lernziele wurden daraufhin entsprechend ergänzt.

An der grundsätzlichen Bereitschaft in Singapur, pragmatisch zu denken, aus Erfahrung zu lernen und Fehler einzugestehen, könnten wir Deutsche uns eine Scheibe abschneiden. Das gilt auch für den dortigen Respekt, den man der Schulbildung entgegenbringt. Die Lehrkräfte erhalten eine überdurchschnittlich lange und sorgfältige Ausbildung. Sie genießen hohes Ansehen und werden sehr gut bezahlt. Singapur investiert 20% des Staatshaushalts in den Bildungssektor. Das Geld wird nicht blind ausgegeben. Stattdessen hält man nach Methoden Ausschau, die sich anderswo bewährt haben, übernimmt sie oder versucht gegebenenfalls, sie den eigenen Umständen anzupassen. Digitaltechnik kommt dort ganz ähnlich wie in Estland mit großer Selbstverständlichkeit und auf effiziente Weise zum Einsatz.

Singapur: zweifellos beeindruckend.

Doch nicht alles läuft vorbildlich in Singapur. Die Schulkinder haben für ihre eindrucksvollen Leistungen einen hohen Preis zu zahlen. Gesundheitliche, vor allem psychische Beschwerden nahmen immens zu. Eine erschütternd hohe Selbstmordrate unter Kindern und Jugendlichen wurde festgestellt. Der bemerkenswerte Lernerfolg ergab sich nämlich nicht nur aus vorbildlicher Konzeptionierung, Planung und Umsetzung, sondern war auch Resultat der in vielen ostasiatischen Ländern herrschenden Leistungsethik. Die Schule beginnt früh morgens. Die Menge der Hausaufgaben ist groß. In Singapur sind überdies Nachhilfekurse üblich, die von privaten Firmen angeboten werden und keineswegs günstig sind. Die meisten Kinder nutzen mindestens einen solchen Kurs. Oft sind es mehr. Sie bekommen auch dort Hausaufgaben, so dass sie am Abend sowohl die Aufgaben für die Schule als auch die Kurse abarbeiten müssen. Die Eltern wiederum sehen sich verpflichtet, das Geld für die Kurse aufzubringen und für die Disziplin der Kinder zu sorgen. Trotz des Mitgefühls mit den eigenen Sprösslingen sehen sie keine Alternative, da sie glauben, dem Nachwuchs nur eine glückliche Zukunft gewährleisten zu können, indem sie ihn zu Höchstleistungen antreiben.

Was sich der Westen von Singapur dennoch abschauen kann, ist die Lernfähigkeit, die Offenheit, der Pragmatismus, das Fehlen dogmatischer Hürden: Was funktioniert, ist gut! Vielleicht ist das die richtungsweisende Maxime für die Schule von morgen. Dass der Druck für die Kinder ein großes Problem darstellt, wurde erkannt, und man arbeitet an Lösungen. In diesen Bereich fällt auch die „Singapur-Methode“ für den Mathematikunterricht. Sie berücksichtigt, dass Kinder auf unterschiedliche Weise Zugang zu Mathematik finden und ihr eigenes Tempo brauchen. Man hat verstanden, dass der individuellen Verarbeitungszeit große Bedeutung zukommt. Die Lehrkräfte stehen den Kindern begleitend zur Seite, um ihnen immer dann zur Hilfe zu kommen, wenn sie es benötigen. Auch hier findet sich also eine klare Absage an den Frontalunterricht. Man orientiert sich stattdessen an dem weltbekannten Reformpädagogen Piaget oder dem Psychologen Jerome Bruner. Dass ein Talent für Mathematik genetisch bedingt sei, wird klar verneint. Dafür legt man Wert darauf, das Nachdenken und Verstehen zu fördern, während Rechnen und Auswendiglernen als zweitrangig betrachtet werden. Die Singapur-Methode ist so erfolgreich, dass sie inzwischen auch in vielen anderen Ländern angewendet wird. Hier zeigt sich, dass auch im leistungsorientierten Singapur nicht das Tempo das höchste Kriterium ist. Dennoch zählt dort unter dem Strich vor allem der Lernerfolg.

Die finnische Variante der Schule von morgen

Die Vision Finnlands von der Schule in der Zukunft, setzt sich vom Leistungsethos der asiatischen Länder ab. Hier stehen Wohl und Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler deutlich stärker im Mittelpunkt. Es handelt sich keineswegs um ineffiziente Sozialromantik, denn auch Finnland schneidet hervorragend bei der PISA-Studie ab. Bildungsgerechtigkeit wird sehr groß geschrieben. Ebenso wie in Estland wird es als immens wichtig betrachtet, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleiche Bildungsqualität genießen, dass also Armut nicht zu schlechteren Bildungschancen führt. Daher sind unter anderem Unterrichtsmaterialien frei. An den Schulen gibt es sozialpädagogische und psychologische Betreuung, um die Chancen zu erhöhen, dass niemand zurückgelassen wird. Die Bildung in Finnland fängt schon im Vorschulalter an. Es besteht Anspruch auf einen Kita-Platz für jedes Kind. Die Erzieherinnen und Erzieher sind akademisch ausgebildet und werden gut bezahlt. Es gibt außerdem ein obligatorisches Schulvorbereitungsjahr, damit möglichst alle Kinder bei Schulantritt die benötigten Fähigkeiten mitbringen. Nicht zuletzt der Einsatz digitaler Lehr- und Lernmittel ermöglicht es, besser auf die Individuen einzugehen. So wird es nicht zum Problem, dass bis zum 9. Schuljahr alle zusammen bleiben. Indem die Schülerinnen und Schüler nicht frühzeitig nach Leistungsfähigkeit getrennt werden, erzielen auch diejenigen bessere Lernerfolge, die ansonsten durchs Raster gefallen wären: Der Anteil der
als lernschwach geltenden Kinder und Jugendlichen liegt bei nur etwa 5%, was im internationalen Vergleich extrem wenig ist. Davon profitieren nicht nur die betroffenen Kinder und ihre Familien sondern die gesamte Gesellschaft. Und dieser Zugewinn geht nicht auf Kosten der besonders Leistungsstarken, denn von denen gibt es in Finnland überdurchschnittlich viele.

Finnland hinterwäldlerisch? Das genaue Gegenteil ist der Fall.

Dieser Erfolg Finnlands bei seinen Bemühungen, Lerneffektivität und Bildungsgerechtigkeit miteinander in Einklang zu bringen, unterstreicht die Zweifel an der immer noch häufig vertretenen Ansicht, man müsse begabte Kinder rechtzeitig aussieben und gesondert fördern.

OECD und EU sprechen von Kompetenzen

21st Century Skills

Die PISA-Studie, von der hier schon einige Male die Rede war, ist die internationale Schulleistungsstudie der OECD. Sie stellt aber nur einen kleinen Ausschnitt des Engagements der OECD dar, mit welchem diese zu einer guten, zeitgemäßen Schulbildung auf der ganzen Welt beitragen will. Als Grundlage dient das „21st Century Skills Framework“. Dort geht es um die Fähigkeiten, die im gegenwärtigen Jahrhundert als besonders wichtig erachtet werden und deswegen gezielt in der Schule vermittelt werden sollten. Die Bertelsmann-Stiftung hat dazu eine Übersetzung vorgelegt, die unentgeltlich heruntergeladen werden kann (https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/OECD_Lernkompass_2030.pdf).

Andreas Schleicher, OECD-Direktor des Direktorats für Bildung, plädiert eindringlich dafür, Schülerinnen und Schüler auf ihre Zukunft vorzubereiten und nicht auf unsere Vergangenheit. Dafür müsse man bei ihnen Vorstellungsvermögen, Sensibilität und Verantwortungsbewusstsein stärken.
Selbstständiges Denken sowie Empathiefähigkeit seien sowohl in der Arbeitswelt als auch im Leben mündiger Bürger von großer Bedeutung. Schleicher verweist gerne auf das 4k-Modell des Lernens, welches für folgende 4 Kompetenzen steht: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken.

8 Schlüsselkompetenzen

Auch die EU möchte, dass sich der Unterricht an den Schulen auf die besonderen Herausforderungen der heutigen – und zukünftigen – Welt einstellt. Hier die Empfehlung des Rates zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen:

  • Lese- und Schreibkompetenz
  • Mehrsprachigkeit
  • Mathematische, wissenschaftliche und technische Fähigkeiten
  • Digitale und technologiebasierte Kompetenzen
  • Soziale Kompetenz und Fähigkeit, neue Kompetenzen zu erwerben
  • Aktive Bürgerschaft
  • Unternehmerische Kompetenz
  • Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit

Werden wir aus Erfahrung klug?

Das Ranking der PISA-Studie ergibt sich aus der Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler sowie aus ihren erbrachten Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften. Die Ergebnisse der Studie sind insofern hilfreich, als dass sie Aufschluss darüber geben, wie effektiv diese zweifellos enorm wichtigen Kompetenzen im internationalen Vergleich vermittelt werden. Was für Konsequenzen aus einem schlechten Abschneiden zu ziehen sind, ist allerdings umstritten. Die Erfahrungen erfolgreicher Länder deuten daraufhin, dass bessere Ergebnisse eben nicht lediglich durch gesonderte Anstrengungen in den einzelnen Fächern zustande kommen. Das ganze System muss überdacht werden, weil vielfältige Umstände zum Lernerfolg beitragen. Die in der PISA-Studie vornehmlich getesteten Kompetenzen stellen nur einen Ausschnitt dessen dar, was die OECD selbst als Ziel ausgibt. Das wird bei einer Fixierung auf PISA schnell vergessen. So besteht die Gefahr, dass nur an der Oberfläche gekratzt wird, aber grundlegende Fehler unangetastet bleiben.

Wie beim berühmten Turm: Auch in der Schule von morgen ist eine Schieflage möglich.

Dabei besteht großer Handlungsbedarf. Wir sehen uns heute mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert. Immer mehr Menschen zum Beispiel entnehmen Informationen dem Internet und lassen diese ungeprüft und unhinterfragt in den Prozess ihrer Meinungsbildung einfließen. Wir erleben gerade, dass dies zu einem Problem heranwachsen kann, welches das Potenzial hat, eine freiheitliche Gesellschaft zu zersetzen. Doch die Menschen heutzutage sind nicht dümmer als die Menschen in der Vergangenheit. Vielmehr zeigen die neuen Herausforderungen bloß erbarmungslos Defizite auf, die schon immer bestanden. Denn letztendlich haben sich auch die modernen demokratischen Gesellschaften nie mit Leidenschaft und voller Konsequenz darum bemüht, das Bildungsniveau in der Breite der Bevölkerung so weit anzuheben, wie es durchaus realistisch auch möglich wäre. Schon mit den Bildungszielen, die in vergangenen Jahrzehnten formuliert wurden, wäre dies unglaublich lohnend gewesen. Die Ambitionen hätten außerdem die Forschung vorangetrieben. Heute als hochmodern geltendes und evaluiertes Wissen könnte die Qualität der Schulbildung bereits seit langem anheben. Nicht die Wissenschaft hat geschlafen, denn sie ist auf Mittel angewiesen. Große wissenschaftliche Projekte benötigen einen gesellschaftlichen Auftrag. Die Suche nach der Schule von morgen darf nicht zu irgendeinem Zeitpunkt als erfolgreich abgeschlossen erklärt werden. Sie muss ein gesellschaftliches Projekt von oberster Priorität sein und bleiben. Auch die Schule, wie sie jetzt ist, war einmal die Schule von morgen. Und unsere Zufriedenheit heute hält sich in Grenzen. Schule wird einfach irgendwie sein, wenn wir uns nicht unermüdlich für eine gute Schulbildung einsetzen.

Quellen und weitere Informationen:

  • http://www.oecd.org/site/educeri21st/40756908.pdf
  • https://www.news4teachers.de/2019/02/interview-mit-schleicher-wir-sollten-versuchen-die-guten-ideen-aus-den-klassenzimmern-ins-system-zu-holen-das-ist-das-entscheidende/
  • https://www.bildungsserver.de/Schule-der-Zukunft-12771-de.html
  • https://ec.europa.eu/education/education-in-the-eu/council-recommendation-on-key-competences-for-lifelong-learning_de
  • https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/estland-digitalisierung-an-schulen-zu-besuch-im-digitalen-klassenzimmer-a-1176271.html
  • https://kontrast.at/pisa-erfolgsland-estland-gleichheit/
  • Andreas Schleicher (OECD Direktor des Direktorats für Bildung): „Weltklasse – Schule für das 21. Jahrhundert“

Bildquellen:

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