Lesenlernen mit Lautgebärden als Hilfestellung

Das Lesenlernen ist ein vielseitiger Lernprozess. Lautgebärden helfen, das Lesenlernen zu unterstützen. Besonders geeignet ist die Anwendung in Sprachheil-Grundschulklassen, LRS-Klassen, bei Förder- und Diagnoseklassen, für Förderkurse sowie bei Lese-Intensivmaßnahmen. Die Verwendung von Lautgebärden kann zur Unterstützung für Kinder mit Leselernproblemen in den ersten beiden Schuljahren ebenfalls eingesetzt werden.

Die Methode des Lesenlernen mit Lautgebärden kann entweder vor einer Fibel oder sogar als Fibelersatz verwendet werden. Bei Schulanfängern mit Behinderungen in den Voraussetzungen zum Lesenlernen muss langsamer vorgegangen werden. Zudem werden mehr Spiele und Übungen durchgeführt, um die Sprachwahrnehmungsleistung zu fördern. Bei Schulanfängern mit Leselernschwächen haben sich Übungen zum Heraushören von Lauten aus gesprochenen Wörtern und zum Erkennen von Reimwörtern bewährt. Diese sollten bei ihnen länger zum Einsatz kommen.

Lesenlernen mit Lautgebärden als Lernhilfe

Beim Lesenlernen mit Lautgebärden dienen diese als kompensatorische und ebenfalls als vorbeugende Hilfe. Zudem helfen sie, Misserfolge im Leselernprozess vorzubeugen. Misserfolge gehören zu den Erfahrungen, die Kinder im Lernprozess entmutigen können. Mit Lautgebärden erfahren die Kinder erste Erfolge im Lesen. Positive Erfahrungen erhöhen die Motivation und Freude am Lesenlernen sowie der Schule und dem Unterricht. Zudem besteht die Möglichkeit daneben zu Hause mit den Eltern zu üben. Dazu sollten diese sich im Vorfeld die Lautgebärden aneignen.

Der Lernweg beim Lesenlernen mit Lautgebärden orientiert sich an den Stufen des Kieler Leseaufbaus. Das Vorgehen wird in einem Vorkurs und einem Hauptkurs unterschieden. Bei dem Vorkurs werden Wörter mittels Bilder dargestellt. Am Ende des Kurses werden die ersten Lautgebärden für die Vokale gelernt. Im Hauptkurs geht es dann weiter mit den Lautgebärden für die Konsonanten. Die Verwendung von Lautgebärden beim Lesenlernen dient überwiegend als kompensatorisches Hilfsmittel. Richtig angewendet schaffen sie eine Verbindung mit der kinästhetischen Wahrnehmung und der Artikulationsmotorik.

Eine der bedeutendsten Aufgaben der Lautgebärden im Leselernprozess ist die gleichzeitige einhergehende motorische sowie visuelle Ausführung der gesprochenen Lautfolge. Obendrein ist diese silbenweise gegliedert. Zugleich sind der kinästhetische als auch der auditive Aspekt der Sprache beteiligt. Diese besondere Form der Verknüpfung lässt die Lautgebärden zu einer relevanten Lernhilfe für die Kinder werden.

Einführung der Lautgebärden

Der Vorkurs steigt mit dem Vermitteln der alphabetischen Strategie ein. Gleichzeitig ist die Einführung der Lautgebärden für die Vokale ebenfalls vorgesehen. Der Hauptkurs baut darauf auf. In der ersten Zeit werden Silben und Wörter behandelt. Dabei geht es um den Erwerb der Laut-Buchstabenverbindung. Anschließend wird das Silbenlesen geübt. Hierzu werden die ersten Lautgebärden für Konsonanten eingeführt. Dazu lassen sich entsprechende Silbenkärtchen verwenden. Spielerisch eingesetzt, beispielsweise beim Marsmännchenspiel, lassen sich die Silbenkärtchen ebenso zum Lesenlernen mit Lautgebärden als Übungsmaterial für Daheim verwenden.

Weiterhin werden die Fingerfertigkeiten für das Lesen mit Lautgebärden eingeübt. Dies beginnt, indem Sätze mit einer Silbe gebildet werden und diese zeitgleich mit den entsprechenden Lautgebärden gezeigt wird. Das Vorgehen beim Lesenlernen mit Lautgebärden entspricht den Stufen des Kieler Leseaufbaus. Zu jeder Stufe des Leselernwegs gibt es meist drei, manchmal auch vier zugehörige Übungsseiten.

Die Übungen zum Lautgebärden-Lesen können sowohl als Stillarbeit oder als Partnerarbeit durchgeführt werden. Dazu eignet sich anfangs ein Silbenteppich. Später kann auf Wörterlisten zurückgegriffen werden. Der Silbenteppich bietet sich zu Silben-Rate-Spiele an. Das Üben von Wörter lesen erfolgt entweder durch lautes Vorlesen oder als stilles Üben. Zu beachten ist, dass gute und erfolgreiche Leser nicht an den Stufen festhalten sollen. Sie können Texte oder Geschichten höherer Stufen bearbeiten. Darüber hinaus sind Texte als ergänzendes Übungsangebot vorhanden, die keiner bestimmten Stufe zugeordnet sind. So lässt sich das Lesenlernen mit Lautgebärden individuell üben und an den jeweiligen Stand des Schülers anpassen.

Spiele und Übungen zur Vertiefung

Beim Lesenlernen mit Lautgebärden sind verschiedene Spiele und Übungen unentbehrlich. Das Gelernte wird gefestigt und die Motivation durch den Spaßfaktor erhöht. Eine geeignete Übung ist das Raten von Wörtern. Hierbei handelt es sich um eine Partnerübung. Dabei sucht ein Kind sich ein Wort aus. Mit Hilfe der Lautgebärden, „sagt“ es das Wort, ohne dabei zu sprechen. Das andere Kind „errät“ bzw. „liest“ das Wort. Danach tauschen die Kinder die Rollen.

Eine weitere Übung erfolgt mittels der Silbenboote. Dabei werden die entsprechenden Silben in das fettgedruckte Boot geschrieben. Bis zur fünften Stufe werden alle Wörter in Silben gegliedert. Zwischendurch gibt es immer wieder Übungen, bei denen die Anzahl der Silben durch das Kind ermittelt wird. Bestimmte Aufgaben wie „Wie viele Wörter“ sind für die Stillarbeit gedacht. Auf diese Weise findet kein Vergleich der Kinder untereinander statt. Dennoch erhält die Lehrkraft anhand der gefundenen Wörter einen Hinweis auf den aktuellen Leselernstand des Kindes.

Außerdem kommen immer wieder Übungen mit Reimwörtern. Sind die Kinder schon fortgeschrittener, erfolgen in den höheren Stufen des Lernwegs Übungen, bei denen zwei Wörter zu einem zusammengesetzt werden sollen. Zum Einstieg empfiehlt es sich diese Aufgabe gemeinsam an der Tafel durchzuführen. Sie kann aber genauso gut erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden. Für mehr Abwechslung lassen sich die Spiele und Wörterlisten des Kieler Leseaufbaus ab der achten Stufe zum Üben verwenden. Die Spiele 1 des Kieler Rechtschreibaufbaus können ebenfalls als ergänzende Übungen eingesetzt werden.

Zudem gibt es bei den Stufen zugehörige kurze Texte. Fragen zu den Texten werden nach dem Lesen von den Kindern beantwortet. In den höheren Stufen beim Lesenlernen mit Lautgebärden werden des Weiteren kurze Geschichten oder längere Texte präsentiert. Das Lesenlernen mit Lautgebärden eignet sich vorrangig für Kinder in LRS-Klassen, für Zweitklässler in Förderkursen sowie zur Anwendung bei Lese-Intensivmaßnahmen.

Das zugrunde liegende Stufenmodell des Lesenlernens

Das Lesenlernen mit Lautgebärden basiert auf dem Stufenmodell des Lesenlernens von Frith/ Günther. Grundlegende Annahme des Modells ist, dass das Kind weiß, dass Erwachsene anderen etwas durch Schrift mitteilen. Das Kind beginnt mit eigenen Kritzel-Briefen. Im weiteren Verlauf erlangt das Kind das Wissen, dass Buchstaben ein Bestandteil des Schreibens sind.Im weiteren Verlauf erlangt das Kind die Einsicht, dass Buchstaben stellvertretend für Laute stehen. Ab da Beginnt die Beschäftigung mit der alphabetischen Strategie. Dies ist der eigentliche Zugang zum Lesenlernen.

Die erste unvollständige alphabetische Schreibung wird als Skelettschreibung bezeichnet. Mit zunehmendem Verlauf vervollständigt sich diese. Das Erarbeiten der richtigen orthographischen Schreibung besteht während der gesamten Grundschulzeit und darüber hinaus. Um lese-rechtschreibschwachen Kindern gerecht zu werden genügt dieses Modell allein nicht. Es muss um die Voraussetzungen des Schriftspracherwerbs bezüglich der Wahrnehmung. Artikulation und Visuomotorik erweitert werden.

Spielerisches Vorgehen beim Lesenlernen mit Lautgebärden

Um den Ausprägungsgrad von Leselernversagen zu erfassen, werden Bilder präsentiert, zu denen die entsprechenden Wörter aufgeschrieben werden. Dies entspricht einem Selbstdiktat. Auf diese Weise ist der ungeübte Leistungsstand erkennbar und eine erste Einstufung wird ermöglicht. Beim Lesenlernen mit Lautgebärden kommt ihnen eine kompensatorische Hilfe zu. Als Vorstufe sind Hand- und Fingerspiele anzusehen.

Am Anfang sollen die Lautgebärden gefestigt werden. Mit der Zeit sind die Gebärden so weit verinnerlicht, dass sie automatisiert wiedergegeben werden können. Der nächste Schritt handelt von der Sinnerfassung von Sätzen. Eine Voraussetzung dazu ist, dass für die Lautgebärden keine Aufmerksamkeit mehr nötig ist und auf diese automatisch zurückgegriffen werden kann. Sobald die Kinder in der Lage sind flüssig zu Lesen, werden sie nicht weiter benötigt. Denn die Lautgebärden würden dann das Lesen verlangsamen. Sie dienen von da an nur noch der Kontrolle.

Als kleine Hilfe können am Anfang Setzleisten verwendet werden, auf denen ein Bild oder ein Foto mit der Lautgebärde ist, die gerade eingeübt werden soll. Zusätzlich empfiehlt es sich, die Artikulation der Lautgebärde vor einem Spiegel zu üben und zu prüfen. Zudem kann es förderlich sein, ein Bild im A4-Format von der Lautgebärde als Erinnerung aufzuhängen. Bei der Einführung einer Lautgebärde hilft es, die ausgeführte Bewegung und die zugehörige Abbildung mit dem entsprechenden Buchstaben zu sehen.

In unserem SpielundLern Shop finden Sie die passenden Materialien zum Kieler Leseaufbau und Rechtschreibaufbau aus dem Veris Verlag. Speziell empfehlen wir zum Lesenlernen mit Lautgebärden das Übungsbuch Laute – Silben – Wörter und weiterführend die Wandkarten und das Plakat mit den Kieler Lautgebärden.

Zudem kann das Lesenlernen mit Lautgebärden gemeinsam mit den Eltern zu Hause geübt werden. Hierfür eignen sich bekannte Gesellschaftsspiele. Es ist auch möglich eigene Spielfelder zu kreieren. Für die Spiele werden Karten genutzt, auf denen verschiedene Wörter stehen. Statt eines herkömmlichen Augenwürfels werden die Silbenanzahl verwendet. Für Leseanfänger ist es empfehlenswert das Wort auf der Karte mit Hilfe der Lautgebärden vorzulesen. Je fortgeschrittener der Leselernstand ist, um so verschiedener lassen sich die Aufgaben im Spiel gestalten.

Hat der Spieler die Aufgabe richtig gelöst, darf er seinen Spielstein vorwärtsbewegen. Ist die Aufgabe nicht richtig gelöst setzt der Spieler die Runde aus. Das Wortmaterial sollte Wörter in unterschiedlichen Silbenlängen beinhalten. Am besten eignen sich Wörter von zwei- bis sechssilbig. Zudem sollten genügend Wortkarten vorbereitet werden, um das Spiel interessant und abwechslungsreich zu gestalten.

Eine geeignete Methode für alle Schüler im Deutschunterricht

Zum Beginn des Schriftsprachenlernens sind die Lautgebärden eine hilfreiche Unterstützung. Das Lernen gestaltet sich effektiv und den Kindern bereitet es viel Freude. Das Lesenlernen mit Lautgebärden ist deshalb effizient, da es ihnen gelingt eine Brücke zwischen dem Laut und dem zugehörigen Buchstaben zu bauen. Auf diese Weise helfen sie den Kindern beim Erarbeiten und Festigen der Buchstaben. Nicht nur leselernschwache Kinder profitieren davon. Beim Lernen der Schriftsprache unterstützen sie jedes Schulkind im Deutschunterricht.

Bildquellen

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Quellen

  • Dummer-Smoch, L., Laute – Silben – Wörter, Übungsbuch zum Lesenlernen mit Lautgebärden. Veris Verlag, 5. Auflage 2019
  • Reuter-Lier, C., Lautgetreue Rechtschreibförderung. Bochum 2006
  • Weigt, R., Lesen- und Schreibenlernen kann jeder?!: methodische Hilfen bei Lese-Rechtschreibschwäche. Neiwied, Kriftel, Berlin 1994

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